Trassen, Panorama- und Alleenradwege

 

Der ambitionierte Ausbau ehemaliger Bahnstrecken zu Radwegen wird in Nordrhein-Westfalen durch einige Besonderheiten bei der Namensgebung der entstehenden Wege begleitet. Jenseits der lexikalischen Bedeutung als "Verkehrsweg" oder der Verwendung im Sinne einer "Fahrplantrasse" im Eisenbahnvokabular hat sich der Begriff "Trasse" als Synonym für Bahntrassenwege etabliert. Ausgangspunkt ist das Bergische Städtedreieck um Wuppertal, Remscheid und Solingen in dem mit Nordbahntrasse, Korkenziehertrasse, Trasse des Werkzeugs, Balkantrasse und Bergbahntrasse praktisch alle Bahntrassenwege "Trasse" als Namensbestandteil haben.

Etwas großräumiger, aber bisher ebenfalls nur langsam aus dem regionalen Kontext ausbrechend, werden Bahntrassenwege als Alleen- und Panoramaradwege bezeichnet. Der Begriff "Alleenradweg" ist auf ein Förderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen zurückzuführen, die "Panorama-Radwege" sind ein touristisch vermarkteter Radwegeverbund, der zu einem großen Teil auf ehemaligen Bahnstrecken verläuft.


Landesinitiative "Alleenradwege auf stillgelegten Bahntrassen"
Grundlage der Landesinitiative zur Umwandlung ca. 360 km stillgelegter Bahntrassen zu Radwegen ist eine Studie des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bauwesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW), in der 42 Strecken mit einer Länge von 560 km untersucht wurden. Bei der Auswahl der Strecken war ausschlaggebend, dass sie zumindest teilweise in einer der von der BEG betreuten Poolgemeinden liegen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass auf 268 km die Einrichtung eines Radwegs "unbedingt" und auf weiteren 245 km "grundsätzlich" zu empfehlen sei (Quelle: ils-journal 1/2007).

Am 16. Oktober 2007 wurde ein gemeinsamer Antrag "Landesinitiative 'Alleenradwege auf stillgelegten Bahntrassen'" der Landtagsfraktionen von CDU und FDP als Drucksache 14/5215 veröffentlicht und in der Plenarsitzung vom 25. Oktober mit den Stimmen der beiden Fraktionen beschlossen. Ein zu diesem Tagesordnungspunkt gestellter Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ziel verstärkt Wirtschaftswege entlang linienförmiger Infrastruktureinrichtungen auszubauen (Drucksache 14/5270 vom 23. Oktober) fand keine Mehrheit (nachzulesen unter www.landtag.nrw.de).

Übersichtskarte: stillgelegte Bahnstrecken in NRW, die im "Alleenprogramm" als Radweg
ausgebaut werden sollen bzw. im Vorfeld auf eine Eignung als Radweg untersucht wurden

rot: Strecken im "Handlungsprogramm Alleenradwege"; grau: untersuchte Trassen, die nicht ausgebaut werden
grün: Strecken der ILS-Studie, die bereits Radweg sind; blau: Ausbau außerhalb "Handlungsprogramm Alleenradwege"

Der im Oktober 2007 beschlossene Antrag zu den Alleenradwegen enthielt einen Auftrag an die Landesregierung für ein Handlungs- und Maßnahmenkonzept und somit keine Aussagen über betroffene Strecken oder Kosten. Eine Durchsicht der im Rahmen der Studie untersuchten Strecken zeigte, dass fast die Hälfte eine Verlängerung oder qualitative Aufwertung bereits bestehender Wege darstellt und sich hier einige Trassen wiederfinden, für die schon länger eine Nutzung als Radweg im Gespräch war. Die genannte Zahl von rund 600 km stillliegender Bahnstrecken bezieht sich ausschließlich auf die untersuchten Strecken, die tatsächliche Gesamtlänge potentieller Strecken in Nordrhein-Westfalen ist um einiges höher. Insbesondere der Kernbereich des Ruhrgebiets bleibt an dieser Stelle weitgehend ausgespart.

Das Vorhaben "Alleenradwege" wurde im Frühjahr 2008 verdichtet und im Juni 2008 im Rahmen einer Pressekonferenz des Ministeriums für Bauen und Verkehr sowie einer Infoveranstaltung der BahnflächenEntwicklungsGesellschaft der Öffentlichkeit vorgestellt. Damit steht fest, welche der Strecken ausgebaut werden sollen. Außerdem enthält das Programm Angaben zu einem groben Zeithorizont (Handlungsprogramm für Wege, die in 2008 begonnen werden könnten, Handlungskonzept für die Folgejahre) und den möglichen Finanzierungsquellen. Im Vergleich zur ursprünglichen Studie sind erwartungsgemäß einige Trassen herausgefallen, mit der Sülztalbahn bei Lindlar, der Balkantrasse in Burscheid und Wermelskirchen und Teilen der Bahnstrecke Jünkerath – Losheim aber auch neue Abschnitte hinzugekommen.

Im nordrhein-westfälischen Ausbauprogramm für Landesstraßen 2008 wurden für den Bau ausgewählter Alleenradwegen auf ehemaligen Bahntrassen 1,5 Millionen Euro veranschlagt (1,1 % der Gesamtinvestitionen des Programms). Das Handlungsprogramm 2008 sieht 13 Bauvorhaben mit einer Länge von 56 km und einem Volumen von 12,7 Mio. Euro vor. Für die Folgejahre sind bis 2011 weitere 59 Projekte (307 km, 58 Mio. Euro) aufgeführt.

Im Winter 2008/09 wurden die ersten Bauvorhaben begonnen, darunter mit als erstes die "Schlossallee", die heutige RadBahn Münsterland. Wichtige Meilensteine waren die Alleenradwege Niederbergbahn, Balkantrasse und Wasserquintett, die Alleenradwege Nettetal-Grefrath sowie Unna-Bönen-Hamm-Welver oder die Fortführung des Radwegs auf der Trasse des "Rheinischen Esels", aber auch kleinere Vorhaben wie die Alleenradweg Lohmar/Siegburg oder Beverungen.

Die Umsetzung und Vervollständigung der Alleenradweg dauert immer noch an: Im Sommer 2016 wurde in Kalkar ein weiteres Stück des Alleenradwegs von Xanten in Richtung Kleve eröffnet; die Alleenradwege auf der Boxteler Bahn und in Gummersbach/Bergneustadt sind abschnittsweise im Bau.

> www.beg-nrw.de
 

Tabelle 1: Liste der Bahnstrecken im Umfeld der Landesinitiative Alleenradwege
Die Bemerkungen beziehen sich auf den Zeitpunkt der ILS-Studie (2007)
Nr.   Strecke Länge ILS Alleen   Bemerkung
1743   Landesgrenze – Rahden 6 km X -   Museumsbahn!
2002 NW 2.06 Haltern – Wesel 35 km X 2009+   in Abschnitten bereits Radweg; ältere Planung
2003   Büderich 3 km X -    
2003   Menzelen – Straelen 25 km X -    
2112 NW 3.27 Welwer – Unna-Königsborn 19 km X 2009+   in Abschnitten bereits Radweg
2141 NW 3.21 Bochum-Langendreer – Witten Ost 4 km X 2009+   Verlängerung bestehender Weg
2143 NW 4.05b Witten Höhe – Gevelsberg West 12 km X -   ältere Planung
2262   Bottrop Nord – Dorsten 13 km X 2009+    
2273 NW 2.07 Lutum – Rheine 39 km X 2008+   ältere Planung
2330 NW 1.01 Xanten – Kleve 24 km X 2009+    
2400   Hattingen – Herbede (2. Gleis) 10 km X 2009+    
2423   Schwelm-Loh – Gevelsberg West 3 km X -    
2501 NW 1.06 Krefeld Süd – Mönchengladbach 14 km X 2009+    
2512 NW 1.02 Grefrath – Kaldenkirchen 10 km X 2008   Verlängerung bestehender Weg
2513 NW 1.02a Dülken – Waldniel 6 km X -    
2572 NW 1.07 Walheim – Schmidthof (2. Gleis) 4 km X -   Verlängerung bestehender Weg
2580   Bedburg – Merzenich 16 km X 2008+    
2606   Erftstadt 1 km X -    
2610   Kleve – Kranenburg 12 km X -   als Draisinenstrecke genutzt
2657 NW 4.21 Dieringhausen – Olpe 28 km X 2008+   in kleinen Teilbereichen bereits ausgebaut; ältere Planung
2657 NW 4.19 Siegburg – Lohmar 6 km X 2009+   in Siegburg bereits Radweg; ältere Planung
2663 NW 4.17 Hommerich – Lindlar 9 km - 2008    
2700 NW 4.11 Remscheid-Lennep – Bergisch Born 4 km X 2009+   ältere Planung
2706   Remscheid – Bliedinghausen 2 km X -    
2707 NW 4.13 Bergisch Born – Marienheide 26 km X 2009+   zw. Wipperfürth und Marienheide bereits Radweg; ältere Planung
2724 NW 4.03 Oberdüssel – Heiligenhaus 25 km X 2008   in Heiligenhaus teilw. begeh-/befahrbar
2816   Hagen – Ennepetal-Altenvoerde 12 km X -    
2850 NW 4.23 Hemer – Menden 6 km X 2009+   Verlängerung bestehender Weg
soll reaktiviert werden; die Option Radweg bleibt bestehen, falls nach der Landesgartenschau kein dauerhafter Verkehr möglich ist
n.v.   Hemer – Sundwig 1 km X -    
2854 NW 4.28 Winterberg – Hallenberg 16 km X 2009+   teilw. bereits ausgebaut
2860   Plettenberg – Holthausen 4 km X -    
2861 NW 4.25 Finnentrop – Wennemen 35 km X 2008+   teilw. bereits ausgebaut
2862 NW 4.25 Schmallenberg – Wenholthausen 22 km X -   größtenteils bereits ausgebaut
2863 NW 4.29 Altenhundem – Birkelbach 1,5 km X 2009+    
2864 NW 4.22 Olpe – Rothemühle 11 km X -   Verlängerung bestehender Weg
2951 NW 2.11 Benteler – Rheda-Wiedenbrück 14 km X 2009+   Verlängerung bestehender Weg
2951 NW 2.11 Lippstadt 1 km X -   Verlängerung bestehender Weg
2962 NW 5.08 Paderborn Nord – Marienloh 4 km X -   Verlängerung bestehender Weg
2973 NW 5.10 Scherfede – Lüchtringen 23 km X 2009+    
2982   Rahden – Landesgrenze 11 km X -    
3003 RP 1.07 Kronenburg – Losheim 8,5 km - 2009+   eröffnet: 2015
n.v. NW 1.13 Neuss – Rommerskirchen 13 km X -  
n.v.   Geldern – Kamp-Lintfort 14 km X -    
48 BE 048 Raeren – Roetgen 5 km X -   Trasse belgisches Gebiet; eröffnet: 2013
Alle Angaben ohne Gewähr.


Bergischer Trassenverbund / Panorama-Radwege
Während der Ausbau einzelner, auch längerer stillliegender Bahntrassen zu touristischen Radwegen inzwischen weit verbreitet ist, ist die Verknüpfung dieser Wege zu Rundkursen oder Netzstrukturen in Deutschland noch eine recht neue Entwicklung. Die meisten bisherigen Beispiele, wie der SauerlandRadring, die Dampflokrunde im Allgäu, das Bahntrassenwegenetz in der Westeifel/Ostbelgien oder der BahnRadweg Hessen liegen im ländlichen Raum. Ansätze zur Vernetzung von Bahntrassenwegen in Ballungsräumen finden sich im Ruhrgebiet.

Vor diesem Hintergrund kommt dem Projekt „Bergischer Trassenverbund“, bei dem vorhandene wie neu zu bauende Bahntrassenwege mit siedlungsnahen und landschaftlich reizvollen Abschnitten zu einem im ersten Entwurf über 100 km langen Netz zusammengefügt werden sollten, eine besondere Bedeutung zu. Eine entsprechende Vereinbarung wurde im Oktober 2007 von den Städten Haan, Mettmann, Remscheid, Schwelm, Solingen, Sprockhövel und Wuppertal sowie dem Regionalverband Ruhr (RVR) unterzeichnet.

Zentrales Glied ist ein Radwanderweg auf der Wuppertaler Nordbahntrasse, dessen Bau durch die WupperTalBewegung e.V. mit einem beispiellosen Engagement vorangetrieben wurde. Am Nordhang des Tals der Wupper gelegen ist er seit Ende 2014 mit zahlreichen Tunneln und Viadukten das wichtigste Rückgrat des Radroutennetzes der Stadt. Nach Süden wurden drei im Rahmen der Regionale 2006 entstanden Bahntrassenwege angebunden: die Korkenziehertrasse in Solingen, die Sambatrasse in Wuppertal und die Trasse des Werkzeugs in Remscheid. Über eine weitere inzwischen ebenfalls ausgebaute Strecke in Solingen wurde der Brückenpark Müngsten und indirekt das Straßenbahnmuseum Kohlfurth einbezogen, südöstlich von Remscheid ergeben sich Anknüpfungspunkte zu den Bahntrassenwegen bis Opladen und Marienheide (Balkantrasse und Bahntrassenweg Wasserquintett). Ausgehend vom östlichen Ende des Wuppertaler Nordbahnweges ist eine Verbindung zum unter der Federführung des Regionalverband Ruhr entstehenden Radwegenetz „Von Ruhr zur Ruhr“ entstanden, nordwestlich von Wuppertal geht es zum PanoramaRadweg niederbergbahn.

Übersichtskarte: Die Panorama-Radwege als fehlendes Puzzlestück
im Radroutennetz Nordrhein-Westfalens



Dieser ursprüngliche Trassenverbund wurde zu einem 300 km langen Netz aus vier Panorama-Radwegen erweitert, der sich bis ins Sauerland und nördliche Rheinland-Pfalz erstreckt. Der Bahntrassenanteil im Gesamtnetz liegt bei über 55 %. Bis auf kurze Abschnitte ist der Wegebau abgeschlossen; der größte Teil des Netzes ist inzwischen auch wegweisend beschildert.
Im Juni 2011 wurde zur gemeinsamen Vermarktung der Panorama-Radwege eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Projektpartnern Bergische Entwicklungsagentur, Kreis Mettmann, Naturarena Bergisches Land, Ruhr Tourismus und Sauerland-Tourismus geschlossen. Als eine von mehreren regionalen Veranstaltungen findet jährlich im Juni ein "Trassentreffen" auf der Balkantrasse und dem Bahntrassenweg Wasserquintett statt.

> www.panorama-radwege.de
> www.panorama-radwege.bahntrassenradeln.de



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