Systematik der Fahrradwegweisung

Die Fahrradwegweisung ist eines der wesentlichen Instrumente der Radverkehrsförderung. Im Gegensatz zur Wegweisung für den Kfz-Verkehr ist sie jedoch nicht bundeseinheitlich geregelt sondern Sache der Länder. In einigen Bundesländern sind inzwischen flächendeckende Radverkehrsnetze beschildert, in anderen befinden sie sich noch im Aufbau.

Die Ansätze zu einer Vereinheitlichung der Radbeschilderung gehen auf das 1998 von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen veröffentlichte "Merkblatt zur wegweisenden Beschilderung für den Radverkehr" zurück, das in einigen Ländern verbindlich eingeführt wurde.

Andere haben die Ausführung in eigenen "Hinweisen zur wegweisenden Beschilderung für den Radverkehr" zusammengefasst, die allerdings in einzelnen Punkten untereinander inkompatibel sind, auch wenn sie ähnliche Schilder verwenden. Viele der Regelwerke verweisen zu Detailfragen außerdem auf die "Richtlinien für die wegweisende Beschilderung außerhalb von Autobahnen".



Auch wenn die genaue Ausgestaltung der Wegweiser nicht einheitlich ist, lassen sich sämtliche Wegweisungssysteme auf die gleiche Weise beschreiben. Die dafür notwendigen Komponenten sind im Folgenden beschrieben; die Darstellung und Beispiele orientieren sich an der Umsetzung in Nordrhein-Westfalen:


Wegweiserbezogene Objekte

Wegweisungssysteme setzen sich aus zwei Bestandteilen zusammen: einem geographischen und einem materiellen. Der erste beschreibt den Netzaufbau und den Streckenverlauf der Routen, der zweite alles rund um die Wegweiser. Bindeglied zwischen beiden Welten sind die sog. Knoten, die über Routen miteinander verbunden sind und nicht mit "Knotenpunkten" im HBR-Sprachgebrauch verwechselt werden dürfen (s. u.; die RWB verstehen unter Knotenpunkten allerdings Knoten im HBR-Sinne).

Knoten
Ein Knoten beschreibt eine Kreuzung oder einen Einmündungsbereich ohne Aussage ob dort eine Beschilderung vorhanden ist. Knoten liegen im Gegensatz zu den Schilderpfosten im Straßenraum und werden zur Entfernungsermittlung herangezogen.

Bei den wegweisungsrelevanten Knoten wird zwischen Knoten mit Ziel- und Zwischenwegweisern unterscheiden. Zwischenwegweiser dienen der Bestätigung des Routenverlaufs, während an Zielwegweiser-Standorten eine Entscheidungssituation vorliegt oder Zielangaben aus anderen Gründen sinnvoll sind.

Knoten werden über eine Knotennummer identifiziert, die in NRW überwiegend achtstellig ist (nur Ziffern; ggf. mit führender Null). In den ersten beiden Stellen (01-54) ist die Kreiszugehörigkeit in der Reihenfolge des Regionalschlüssels des Amtlichen Gemeindeverzeichnisses codiert. Insbesondere im Münsterland, aber auch einigen lokalen Netzen und auf einzelnen Themenrouten werden abweichende Knotennummern verwendet, denen z. T. die Gemeinde- oder Stadtteilzugehörigkeit zu entnehmen ist.

Ziele
Ziele sind eine besonders qualifizierte Untermenge der Knoten, auf die an anderen Knoten mit Zielwegweisern hingewiesen wird.

Aus Kap. 3.1.1.1 der HBR NRW ("Die Kilometrierung gibt die Distanz zwischen dem aktuellen Standort und dem ausgewiesenen Ziel wieder und bezieht sich stets auf die Ortsmitte des ausgewiesenen Zieles.") ergibt sich, dass jedes Ziel an einem eindeutigen Punkt zu verorten ist.

Über den Knoten ergibt sich die Kreis-, Gemeinde- und Gemeindeteilzuordnung. Diese ist für die Namensbildung und die in Kap. 3 der HBR beschriebene Kontinuitätsregel von Bedeutung, da ein Ziel in drei verschiedenen Kontexten stehen kann:

  • andere Gemeinde
  • gleiche Gemeinde, aber anderer Gemeindeteil
  • gleicher Gemeindeteil

Besonders hervorzuheben ist, dass die auf die Wegweisung anzuwendende Zuordnung von der administrativen Gliederung abweichen kann. Ein Beispiel ist der auf belgischem Hoheitsgebiet liegende ehemalige Bahnhof Monschau, der wie alle anderen Knoten auf der Vennbahn zwischen Roetgen und Kalterherberg so behandelt wird als läge er in Deutschland.

Die beiden Ziele, die auf einem HBR-Wegweiser Platz finden, werden als Fern- (obere) und Nahziel (untere Zeile) bezeichnet, was aber so nicht streng gehandhabt wird. Auf einem Wegweiser können durchaus zwei gleichwertige Ziele kombiniert werden. Für das Zielverzeichnis als Übersicht aller vorkommenden Ziele hat eine Klassifizierung in Fern- und Nahziele dementsprechend keine Relevanz.

Die Ziele lassen sich entsprechend ihrer Bedeutung vielmehr unabhängig von der Entfernung in Haupt- und Nebenziele sowie lokale Ziele (meist POI) unterteilen. Bei den Hauptzielen handelt es sich in der Regel um Städte und Gemeinden und bei den Nebenzielen um Stadt- oder Ortsteile. Beispiele für POI sind z. B. Bahnhöfe, Schwimmbäder oder wichtige Sehenswürdigkeiten.

Außerhalb des beschilderten Netzes gelegene Ziele, die als Abstecher angebunden sind, müssen selbst nicht beschildert sein. Sie sind aber dennoch eindeutig zu lokalisieren und werden ebenfalls als Zielknoten ins Zielverzeichnis aufgenommen.

Eine wesentliche Aufgabe des Zielverzeichnisses ist es verschiedene Bezeichnungen, Schreibweisen und Abkürzungen für gleiche Ziele zu vermeiden (vgl. RWB, Kap 5.3.5). Entsprechend der genannten Kontexte sollten pro Ziel maximal drei Varianten verwendet werden. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern beschreiben die HBR NRW allerdings kein landesweites Zielverzeichnis, es scheint auch nicht als Teil des Wegweisungskatasters implementiert zu sein.

Pfosten
Pro Knoten können ein oder mehrere Pfosten vorhanden sein. Die Pfostennummern werden aus der Knotennummer und einer fortlaufenden Ziffer gebildet. Am Pfosten soll ein Aufkleber mit der Pfostennummer und einem Hinweis für Mängelmeldungen angebracht sein.

Wegweiser
Auch als Modul oder Segment bezeichnet: Es werden Pfeilwegweiser (auch: "Fahnenwegweiser"), Tabellenwegweiser, Zwischenwegweiser und Zwischenwegweiser mit Routenlogo unterschieden. Pfeil- und Tabellenwegweiser enthalten bis zu zwei Zielangaben (Fern- und Nahziel) mit Entfernungsangaben, die bis 10 km mit einer Dezimalstelle angegeben werden und darüber auf volle Kilometer gerundet werden.

Piktogramme
Es wird zwischen Ziel- und Streckenpiktogrammen unterscheiden, von denen bis zu zwei Zielpiktogramme vor und zwei Streckenpiktogramm hinter die Zielangabe gesetzt werden können. In den verschiedenen Bundesländern werden unterschiedliche Sätze an Piktogrammen verwendet. Das Streckenpiktogramm "Bahntrassenradweg" ist beispielsweise eine nordrhein-westfälische Besonderheit, Brandenburg verzichtet vollständig auf Streckenpiktogramme.

Einschübe / Routenlogos
Routenlogos werden als Einschübe in die Profile unter Pfeil- und Tabellenwegweiser montiert (bei Standardgröße bis zu sechs pro Wegweiser, bei kleinerer Ausführung bis zu neun; es sind auch Doppeleinschübe über zwei Plätze möglich). Zwischenwegweiser mit Routenlogo können ein bis zwei Logos aufnehmen. Diese Zwischenwegweiser sind mit 350 x 350 mm etwas größer als die ohne Logos (250 x 250 mm) und sollen in NRW nur an den Stellen verwendet werden, an denen eine Themenroute das nach HBR-Standard beschilderte Netz verlässt.

Die Logos einiger Routengruppen unterscheiden sich ausgehend von einem Grundmotiv nur durch Ordnungszahlen oder -buchstaben. Eine weitere Besonderheit sind Varianten für verschiedene Richtungen, wie für "Wasser.Erlebnis.Erft" in der Abbildung.

Knotenpunkte
Im Rahmen von Knotenpunktnetzen werden bestimmte Entscheidungspunkte als Knotenpunkte ausgewiesen und mit einem "Hut" an der Spitze des Pfostens gekennzeichnet. Meist befindet sich in unmittelbarer Nähe eine Knotenpunkttafel mit Übersichtskarte und touristischen Informationen. Über eine Abfolge von Knotenpunkten lassen sich leicht individuelle Touren zusammenstellen.

Die Knotenpunktnummer ist im Gegensatz zur Knotennummer nicht eindeutig, da nur maximal zweistellige Nummern verwendet werden. Die Knotenpunkt-Logos sind in Nordrhein-Westfalen als rote Kreise mit weißer Schrift ausgeführt, im Einzelnen sind die Einschübe für die verschiedenen Netze aber graphisch unterschiedlich gestaltet. Ein Knotenpunkt muss sich nicht immer jeweils genau einem Knoten zuordnen lassen. An Brücken mit etwas auseinanderliegenden Zufahrten oder anderen komplexeren Kreuzungsbereichen können zwei benachbarte Knoten als ein Knotenpunkt beschildert sein.


Netzbezogene Objekte

Zielspinnen
Eine Zielspinne in der in diesem Dokument verwendeten Begriffsdefinition beschreibt eindeutig, welche Wege zu einem Zielknoten hin ausgewiesen werden und kombiniert dabei Standort- und Routeninformationen. Abhängig davon, ob es sich um ein Haupt- oder Nebenziel handelt, können Zielspinnen sehr unterschiedlich dimensioniert sein. Im einfachsten Fall sind linien- und sternförmige Strukturen zu finden, die aber durch Verästelungen, Startpunkte auf anderen Routen der gleichen Spinne oder Kreuzungen stark an Komplexität gewinnen können.

Jede Route der Zielspinne setzt sich aus einer Knotenkette zusammen. Die Zielangaben müssen jeweils einzeln einer Route zugeordnet werden. Für den Fall einer Entscheidungssituation an einem Knoten, bei dem das gleiche Ziel über zwei verschiedene Wege ausgewiesen wird, müssen diese Routen durch Zusätze zu den Zielangaben für den Nutzer unterscheidbar sein. Dazu finden sich verschiedene Möglichkeiten, die keine bisher vorgenommene Standardisierung erkennen lassen:

  • Zielangabe mit der Angabe eines Zwischenziels: "Witzhelden ü. Hilgen"
  • Zielangabe mit dem Zusatz einer Straßennummer: "Belmicke (K 37)"
  • Zielangabe mit dem Textzusatz "(Nebenstrecke)"
  • Zielangaben mit unterschiedlichen Streckenpiktogrammen (Nebenstrecke, Bahntrasse)
  • gleiches Fernziel mit unterschiedlichen Nahzielen
  • Hinweis auf die zeitlich eingeschränkte Nutzbarkeit einer Strecke

Textliche Zusätze werden dabei zum Teil in der unteren Zeile anstelle eines Nahziels gemacht, wobei offen bleibt ob dies regelkonform ist.

Die Routen auf einen Knotenpunkt hin lassen sich als einfache Zielspinne beschreiben, deren Startpunkte alle auf unmittelbar benachbarten Knotenpunkten liegen. Mehrere unterschiedliche Knotenpunktrouten können dabei abschnittsweise auf gleicher Strecke verlaufen, wenn sich der Verzweigungspunkt erst hinter dem Ausgangsknotenpunkt befindet.


Digitales Landschaftsmodell: © GeoBasis-DE / BKG 2013


Distanzmatrix benachbarter zielwegweisungsrelevanter Knoten
Als nützliche, aber nicht unbedingt erforderliche Tabelle kann eine Distanzmatrix benachbarter Knoten mit Zielwegweisung aufgebaut werden. Um Rundungsfehler bei der Addition mehrerer Einzelabschnitte zu vermeiden, müssen die Entfernungen hier um eine Dezimalstelle genauer als in der Wegweisung angegeben werden, also mit zwei Nachkommastellen.


Dieser Text ist ein Auszug aus der 32-seitigen Analyse

Radverkehrsnetz meets Business Intelligence:
Ansätze für ein erweitertes Qualitätsmanagement der Fahrradwegweisung in Nordrhein-Westfalen


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Die Tourenbeschreibungen und begleitenden Angaben wurden mit größtmöglicher Sorgfalt zusammengestellt. Für ihre Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Das Nachradeln der Touren geschieht auf eigene Gefahr.

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